Finnland steht für Qualität und Superlative: Finnen können länger, härter, heißer und kälter, denn Finnen lieben Extreme und kultivieren sie liebevoll. Sie drängen sich in kleinen Holzschuppen zum gemeinsamen Schwitzen zusammen und schlagen Löcher ins Eis um sich darin abzukühlen. Und verweichlichten Touristen daraus fröhlich zuzuwinken.
Finnen sind für Süd- und Mitteleuropäer Exoten. Das liegt zum einen an der rätselhaften, offenbar verschlüsselten Sprache. Kimi, Matti, Seppo — Finnen heißen wie die Untertanen des Erdmännchen-Königs Kalle Wirsch und schaffen es mit ihrer säuselnden Kindersprache voller „ävelis“ und „äätelö“ ihre Geheimnisse vor dem Rest der Welt zu bewahren. Wenn sie überhaupt einmal kommunizieren. Finnen schweigen nämlich auch in Gesellschaft gern. In den langen, dunklen Winternächten verstecken sie sich gerne hinter Büchern, lesen alles, was sie in die Finger bekommen, und werden deshalb PISA-Sieger.
Finnen haben viele kuriose Vorlieben, die sie von Nicht-Finnen unterscheiden. Sie haben beispielsweise das Handywerfen erfunden, weil sie in einem Land leben, das die weltweit größte Handybenutzer-Dichte hat, gleichzeitig aber ungern gestört werden. In aller Ruhe schlürfen sie den ganzen Tag über Kaffee. Soviel wie in keinem anderen Land der Erde. Die Finnen sind also auch Weltmeister im Kaffeetrinken.
Imponieren kann man echten Finnen weder durch blendendes Aussehen noch durch Wortgewandtheit. Finnen lieben nämlich wortkarge, eckige, und ein wenig sture Charaktere, die durch Cleverness und besondere Leistungen überzeugen. Die finnische Literatur kennt unzählige dieser Helden und die beliebtesten Prominenten — Schauspieler, Künstler oder Sportler — erfüllen fast ohne Ausnahmen diese Kriterien.
Ich bin Handybesitzer, Kaffeegenießer, Naturliebhaber, leidenschaftlicher Sportler und… Finne mit vielen typisch finnischen Merkmalen. Zum Glück gehöre ich zu jener Generation, die noch das Vergnügen hatte, mit Langlaufski in die Schule zu fahren. Mein Schulweg war für finnische Verhältnisse denkbar kurz, und obwohl die Bushaltestelle gleich um die Ecke lag, schnallte ich im Winter oft die Bretter unter die Füße und rutschte frühmorgens durch den frisch gefallenen Schnee. Im Sommer fuhr ich die Strecke mit dem Rad. Nach ein paar Jahren war es leider nicht mehr in Mode, mit sperrigen Holzlatten auf dem Schulgelände zu erscheinen. Aus und vorbei – keiner aus unserem Halbstarkenrudel wagte, durch die Fortbewegung mit derart altmodischen Gerätschaften seinen Ruf als cooler Finne zu riskieren.
Bilderbuch-Winter mit verschneiten Wäldern und glitzernden Loipen, morgendliche Radfahrten durch die kühle, klare Luft — meine Kinderzeit war fröhlich und unbeschwert. Kein Tag verging ohne ausgedehnte Streifzüge durch die Natur: Heimkommen mit roten Wangen und Bärenhunger, Vorfreude auf Entdeckungsreisen zu Land und zu Wasser. Wohin mit all der Kraft? Ganz einfach verschwenden! Niemals mehr sinkt man so wohlig erschöpft in die Federn wie als jugendlicher Abenteurer.
In sportlicher Hinsicht blieb ich auch als „Heranwachsender“ neugierig. Neben dem finnischen Nationalsport Gewaltskifahren (finnisch für Skilanglaufen) und dem Schwerkraft-Skifahren (finnisch für Alpin-Skifahren) spielte ich mehr oder weniger erfolgreich Squash, Tischtennis, Eishockey, Fußball und Hallenhockey. Mit ähnlicher Begeisterung sprang ich Trampolin und hisste Segel auf schwimmenden Holzschalen. Auch die Leichtathletik gehörte zu meinen zahlreichen Favoriten, bis ich mich für drei Sportarten entschied, die beim Triathlon unübertroffen verwegen gleich hintereinander ausgeführt werden: Schwimmen, Radfahren und Laufen sollten nach dem Studium mein Leben bestimmen. Die ersten Jahre als Dreikampf-Profi waren geprägt von unvergesslichen Reisen und wundervollen menschlichen Begegnungen.
Meine Triathlonkarriere fand nach einem schweren Radunfall ein jähes Ende. Mit dem Rad kollidierte ich auf schneller Fahrt mit einem Auto, dessen Fahrer mich übersehen hatte. Der wuchtige Aufprall von Mensch auf Blech und Glas hatte Folgen: Nach einem dreiwöchigen Krankenhausaufhalt und fünf nachfolgenden Operationen war ich froh, meinen rechten Arm behalten zu können. Noch glücklicher machte mich die Tatsache, dass mein Greifwerkzeug auch einigermaßen funktionierte. An die Fortsetzung meiner Profikarriere als Triathlet war jedoch nicht mehr zu denken. Was tun? Ich entschied mich, die Seite zu wechseln, und Trainer zu werden.
Während meiner Ausbildung im finnischen Sportinstitut Vierumäki habe ich das erste Mal Menschen gesehen, die sich mit kurzen Langlaufstöcken im Gelände bewegten. Da es sich weder um eine Gruppe verletzter Sportler, noch um hilfsbedürftige Senioren handelte, war mir diese Art der Fortbewegung zunächst äußerst suspekt. Bald erfuhr ich, dass einige meiner Studienkollegen Laufgruppen leiteten, die eine neue Sportart mit dem Namen Nordic Walking betrieben. Sauvakävely, wie das Gehen mit Stöcken in meiner Landessprache heißt, war im Jahr 1996 bereits fester Bestandteil des finnischen Fitnessangebots.
Als fertig ausgebildeter Trainer habe ich einigen meiner Schüler wenig später bereits das Gehen mit Stöcken verordnet, blieb selbst jedoch skeptisch. Wie sollte ich als „alter Langläufer“ von diesem Sport profitieren? Probieren geht über Studieren: Die nächste Sammelbestellung von Nordic Walking-Stöcken aus Finnland enthielt auch zwei Exemplare für mich: Bennie Lindberg war fest entschlossen, Sauvakävely-Testgeher zu werden, und die „Frauen und Rentner-Sportart“ endlich auszuprobieren. Ein wenig übermütig stolperte ich stockgestützt in den Wald, und fand schon nach wenigen Kilometern heraus, dass diese unspektakuläre Art der Fortbewegung tatsächlich Spaß macht. Auch wenn ich mich als durchtrainierter Sportler beim Gehen nicht völlig verausgaben konnte, signalisierte ein starker Muskelkater am Tag danach ein erfolgreich verlaufenes Training. Nordic Walking hatte auch mich überzeugt.
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